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Wie können wir die deutsch-taiwanischen Beziehungen ausbauen? Antworten der Parteien auf die Wahlprüfsteine der DTG

Die Deutsch-Taiwanische Gesellschaft hat anlässlich der Europawahlen 2024 Parteien zu den Beziehungen zu Taiwan und deren Wahlprogramme befragt (Wahlprüfsteine):

Antworten auf die Wahlprüfsteine

der Deutsch-Taiwanischen Gesellschaft

anlässlich der Europawahl 2024

  1. Befürworten Sie einen Beobachterstatus und eine sinnvolle Partizipation Taiwans in internationalen Organisationen wie WHO, UNFCCC, ICAO oder Interpol?

SPD: Im Rahmen der Ein-China-Politik setzen wir Sozialdemokrat*innen im Europäischen Parlament uns für eine stärkere Einbindung Taiwans in internationale Organisationen und multilaterale Foren ein. Wir unterstützen eine Beobachterrolle Taiwans in Foren wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) oder der Klimarahmenkonvention (UNFCCC), um so die wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen zu Taiwan weiter zu fördern. Wir setzen uns ferner gegenüber dem Generalsekretariat der Vereinten Nationen (VN) für die Einbeziehung der taiwanischen Zivilgesellschaft in die Aktivitäten der VN und ihrer Sonderorganisationen ein.

FDP: Wir Freie Demokraten fordern, Taiwan einen permanenten Beobachterstatus in der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu verleihen. Darüber hinaus unterstützen wir die Bemühungen Taiwans um Einbindung in die Arbeit von internationalen Organisationen, wie beispielsweise der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol), der Weltzollorganisation (WCO) oder des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), soweit das unterhalb der Schwelle einer staatlichen Anerkennung erfolgen kann.

Bündnis 90/Die Grünen: Ja. Im Rahmen der Ein-China-Politik der EU unterstützen wir die sachbezogene Teilnahme Taiwans in internationalen Organisationen.

CDU/CSU: In Übereinstimmung mit der überwiegenden Mehrheit der Völkergemeinschaft, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, erkennt die Bundesrepublik Deutschland Taiwan nicht als selbständigen Staat an. Deshalb wird weder eine Mitgliedschaft Taiwans in den VN-Sonderorganisationen noch ein Beobachterstatus unterstützt. CDU und CSU sind sich jedoch der Notwendigkeit einer engen fachlichen Zusammenarbeit der Staatengemeinschaft mit Taiwan bewusst. So erfordert u. a. die zunehmende Zahl globaler Gesundheitsgefahren, dass Fachleute ungeachtet politischer Umstände eng zusammenarbeiten und Informationen austauschen. CDU und CSU setzen sich dafür ein, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten die pragmatische Mitarbeit auf fachlicher Ebene vertiefen.

Die Linke: Als Linke stehen wir für eine Politik der Deeskalation, die Fragen der Menschenrechte, rechtsstaatlicher und demokratischer Entwicklung. Die EU muss gegenüber Taiwan eine von USA und China unabhängige Rolle einnehmen und mittels Diplomatie und Kooperation ihren Beitrag für eine friedliche Entwicklung der Region leisten.

Die Beziehungen zwischen der EU und Taiwan können nicht unabhängig von den geopolitischen Entwicklungen betrachtet werden. Daher sollten Schritte unterlassen werden, die die chinesische Regierung unnötig provozieren, den Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ untergraben und damit zu einer Eskalation beitragen würden.

Im Dialog mit China und müssen notwendige Schritte zur Stärkung von Demokratie und Menschenrechte unternommen werden. Wir sind für eine konkrete sachbezogene Beteiligung Taiwans in internationalen Organisation, soweit sie für nichtstaatliche Akteure möglich ist, und eine Anerkennung als Staat nicht voraussetzt. Ob bei der Gesundheit wie im Fall der Bekämpfung der COVID-Pandemie oder beim Klimaschutz ist globale Zusammenarbeit und gegenseitiger Informationsaustausch unverzichtbar.

  • Unterstützen Sie ein Handelsabkommen zwischen der EU und Taiwan? Halten Sie angesichts der geopolitischen und nationalen Entwicklungen in China ein Investitionsschutzabkommen noch für angezeigt?

SPD: Die SPD befürwortet den Ausbau von Handelsbeziehungen mit Taiwan, solange diese die Ein-China-Politik respektieren. Ein Abkommen mit Taiwan könnte die EU-Handelslandschaft diversifizieren und stärken, während ein Abkommen mit China, trotz der geopolitischen Spannungen, weiterhin für Sicherheit und Stabilität in den bestehenden Wirtschaftsbeziehungen sorgen könnte. In einer multipolaren Welt ist es wichtig, wirtschaftliche Abkommen zu fördern, die auf fairen regelbasierten Systemen gründen. Es ist auch zu bedenken, dass eine Aufteilung der Welt in zwei wirtschaftliche Blöcke das globale Wirtschaftswachstum erheblich beeinträchtigen könnte. Dies hätte auch direkte Konsequenzen für das Leben der Menschen, die Kapazitäten von Wohlfahrtsstaaten und die finanzielle Stabilität von Privathaushalten. Daher sollten Handels- und Investitionsschutzabkommen nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch zur Förderung globaler Stabilität und Wohlstand unterstützt werden.

FDP: Wir Freie Demokraten streben mit Taiwan ein Freihandels- und Investitionsabkommen an, ohne auf Fortschritte bei dem zu Recht auf Eis liegenden Investitionsabkommen mit China (CAI) zu warten. Als ersten Schritt soll die Kommission mit unseren taiwanischen Partnern ein Rahmenprogramm zur gezielten Förderung der Handels- und Investitionsbedingungen erarbeiten, welches konkrete Erleichterungen für den Austausch von Waren und Dienstleistungen, den Abbau von bürokratischen Hemmnissen, die Digitalisierung von Zollformalitäten und die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen, Lizenzen und Standards beinhalten soll.

Bündnis 90/Die Grünen: Handel kann Wohlstand mehren und Austausch fördern. Taiwan ist ein wichtiger und zuverlässiger Handelspartner Deutschlands. Wir würden daher ein Handelsabkommen mit Taiwan unterstützen, sofern dieses im Einklang mit Gerechtigkeit, Menschenrechten, Klima- und Naturschutz erfolgt. Denkbar ist auch, statt einem einzelnen Abkommen zwischen der EU und Taiwan mehrere Teilabkommen abzuschließen. Zum Beispiel könnte ein Abkommen, das zur Schaffung resilienter Lieferketten beiträgt, ein guter Anfang zur Stärkung der Handelsbeziehungen sein. Das chinesisch-europäische Investitionsabkommen CAI dagegen ist in den Bereichen Level Playing

Field und Menschenrechte unzureichend und aus der Zeit gefallen. Wir können ihm in seiner jetzigen Form nicht zustimmen.

CDU/CSU: Nach der „Ein-China-Politik“ unterhält die EU keine formellen politischen Beziehungen zu Taiwan, aber jährlich stattfindende Konsultationen auch über handelspolitische Fragen. Sie ermöglichten, dass der Handel zwischen der EU und Taiwan in den letzten Jahrzehnten um ein Vielfaches gestiegen ist.

Die EU hat in einer Grundsatzvereinbarung über das Investitionsschutzabkommen 2020 gegenüber der Volksrepublik China verbindliche Verpflichtungen in den Bereichen Umwelt, Klimawandel und Bekämpfung der Zwangsarbeit durchgesetzt. Der Ratifikationsprozess ist wegen der EU-Sanktionen aufgrund des chinesischen Vorgehens gegen die uigurische Minderheit und chinesischen Gegensanktionen, unter anderem gegen Europaabgeordnete, ausgesetzt. Grundsätzlich wäre es wünschenswert, dass es zu einem Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und der Volksrepublik China kommt. Angesichts der andauernden Spannungen und Sanktionen ist jedoch das Schicksal des Abkommens weiterhin mehr denn ungewiss.

Die Linke: Die Linke sieht faire und sozial gerechte Kooperationsabkommen zwischen Staaten als Mittel zu einer verstärkten Zusammenarbeit in einer multilateralen Welt, wobei Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Menschenrechte und Schutz der Beschäftigten Vorrang haben müssen vor den Interessen von Wirtschaft und Industrie.

Inhaltlich haben wir als Linke starke Kritik am Investitionsschutzabkommen. So enthält es zwar Elemente zu den UN-Nachhaltigkeitszielen und ein Bekenntnis zur Umsetzung der ILO-Normen sowie die Bereitschaft, das ILO-Übereinkommen über Zwangsarbeit zu ratifizieren, ist in vielen Punkten aber bei weitem nicht verbindlich genug. Die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure in die Ausgestaltung fehlt, wie auch verbindliche Aussagen zur Zulassung gewerkschaftlicher Aktivitäten. Das muss geändert werden. Doch wäre ein ersatzloses Aussetzen des Abkommens ein erheblicher Rückschritt und würde nur die Konfrontation verstärken.

Ein Handelsabkommen mit Taiwan sollte nur gemeinsam mit China verhandelt werden, ähnlich wie das Abkommen der EU mit den Färoer-Inseln, das unter Mitverhandlung der dänischen Regierung zustande kam.

  • Ist das inoffizielle Einreiseverbot in die EU von demokratisch gewählten Politikern aus Taiwan noch zeitgemäß? Setzen Sie sich in der EU und mit Empfehlung an die Nationalstaaten für eine Aufhebung der Einreisebeschränkungen von taiw. Regierungsmitgliedern sowie des Parlamentspräsidenten ein?

SPD: Wir Sozialdemokrat*innen unterstützen die Ein-China-Politik der Bundesregierung gegenüber Taiwan, formale diplomatische Beziehungen schließen wir daher aus. Gleichzeitig bemühen wir uns um einen lebendigen und konstruktiven Austausch mit Parlamentarier*innen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die zum Teil unterschiedlichen Regelungen zur Einreise taiwanesischer Amtsinhaber*innen in den Europäischen Mitgliedsstaaten sollten im Zuge der Idee als EU außenpolitisch mit einer Stimme zu sprechen, überprüft werden.

FDP: Deutschland und Taiwan sind Wertepartner und wir halten einen engen Austausch für wichtig. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten dabei möglichst einheitlich vorgehen und die Entscheidungen dazu selbstständig treffen.

Bündnis 90/Die Grünen: Das fällt in die Zuständigkeit der Nationalstaaten. In Deutschland gibt es keine Einreisebeschränkungen für Politiker*innen aus Taiwan. Im Rahmen der Ein-China-Politik werden Beziehungen unterhalb der Ebene der souveränitätsrelevanten Ämter gepflegt, was in Deutschland sieben an der Zahl sind.

CDU/CSU: Wir wollen in dieser Frage eine stärkere europäische Abstimmung erreichen, ohne die „Ein-China-Politik“ in Frage zu stellen. Aus unserer Sicht sollte eine europäische Harmonisierung angestrebt werden, auch um informelle politische Gespräche zwischen politischen Vertretern der EU und ihrer Mitgliedstaten mit denen Taiwans zu erleichtern.

Die Linke: Die USA, die EU, Japan, Korea und Singapur haben mit Taiwan reziprok die visafreie Einreise für Touristen beschlossen. Das unterstützen wir. Taiwan kann aber auf Grund unserer Position zum Verhältnis Taiwans zu China keinen Anspruch auf Eigenstaatlichkeit erheben, was auch im diplomatischen Austausch auf Regierung- und Parlamentsebene seinen Ausdruck finden sollte.

  • Angesichts des Ukraine-Krieges und der Drohungen aus der Volksrepublik China braucht es für Taiwan als unseren Wertepartner neben wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und kultureller Zusammenarbeit auch einer stärkeren Einbindung in sicherheitspolitischen Fragen?

SPD: Wir halten an der Ein-China-Politik weiterhin fest. Im Rahmen der Ein-China-Politik setzen wir Sozialdemokrat*innen uns für eine stärkere Einbindung Taiwans in internationale Organisationen ein und sind bestrebt, die wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen zu Taiwan weiter zu fördern.

FDP: Für die Freien Demokraten ist klar: Das demokratische Taiwan ist ein verlässlicher Wertepartner in Zeiten eines neuen Systemkonflikts. Wir wollen die Kooperation bei der Halbleiter-, der Wasserstoff- und der Batterieforschung ausbauen – auch wirtschaftliche Zusammenarbeit kann Sicherheit bieten. Die EU und auch Deutschland gestalten ihre Taiwanpolitiken selbst. Klar ist aber auch: Eine einseitige Änderung des Status quo werden wir nicht akzeptieren. Wir wollen zusammen mit unseren Wertepartnern in der Region auf allen Ebenen für die Stabilität in der Taiwanstraße eintreten und die Zusammenarbeit mit Taiwan ausbauen. Angesichts der geopolitischen Entwicklungen ist es wichtig, dass demokratische Staaten wie Deutschland und die EU Taiwan als Wertepartner unterstützen und enger mit Taiwan zusammenarbeiten.

Bündnis 90/Die Grünen: Im Indopazifik tritt die Volksrepublik China immer aggressiver auf und propagiert zugleich ihr autoritäres Staats- und Gesellschaftsmodell als Vorbild. Deshalb wollen wir auch die Kooperation zwischen der EU und indopazifischen Staaten im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ausbauen. Gerade in der Taiwan-Straße hat das Eskalationspotential durch die Erhöhung des militärischen Drucks Chinas deutlich zugenommen. Eine Änderung des Status quo in der Taiwan-Straße darf nicht gegen den Willen Taiwans erfolgen.

CDU/CSU: Die EU hat ein großes Interesse an Frieden, Sicherheit und Stabilität in Ostasien. Die EU unterstützt den Status quo einschließlich der „Ein-China-Politik und die friedliche Lösung der Differenzen in der Taiwanstraße und lehnt die Anwendung oder Androhung von Gewalt ab. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollen daher weiterhin für den sicherheitspolitischen Dialog und das konstruktive Engagement in Ostasien eintreten.

Die Linke: Als Linke stehen wir grundsätzlich einer sog. sicherheitspolitischer Einbindung und Wertepartnerschaft sehr skeptisch gegenüber, da sie vor allem militärische Zusammenarbeit und Aufrüstung meint und auf die Durchsetzung geostrategischer Interessen zielt.

Die unterschiedlichen geopolitischen Interessen und die Konfrontationen zwischen China und USA sind bereits sehr zugespitzt. Alles, was diese Situation weiter anheizen kann, muss zwingend unterlassen werden. Stattdessen sollten dringend Wege zu einer diplomatischen und friedlichen Lösung der gegenwärtigen Konfrontation gefunden werden. Die Beziehungen zwischen der EU und Taiwan können nicht unabhängig von den geopolitischen Entwicklungen betrachtet werden. Daher sollten Schritte unterlassen werden, die die chinesische Regierung unnötig provozieren, den Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ untergraben und damit zu einer Eskalation beitragen würden.

  • Für die EU sind die sogenannten Freundschaftsgruppen eine gute Möglichkeit, engeren Austausch mit der lebendigen Demokratie Taiwans zu pflegen. Unterstützen Sie im neuen EU-Parlament die Einrichtung einer EU-Taiwan Freundschaftsgruppe?

SPD: Taiwan ist eine lebendige Demokratie und ein wichtiger Wertepartner für Deutschland und die EU. Der parlamentarische Austausch ist deshalb von großer Bedeutung, um beispielsweise Handels- und Investitionsbeziehungen mit Taiwan zu stärken und findet bereits auf vielen Ebenen in Ausschüssen in Delegationen und im Plenum statt. Im Zuge der Korruptionsaffäre im Europäischen Parlament sind diese inoffiziellen Gruppierungen mit Drittstaaten in die Kritik geraten und bereits davor bestand die Sorge einer Einflussnahme durch Drittstaaten auf die informellen und häufig intransparenten Freundschaftsgruppen. Wir unterstützen deshalb den Kontakt und demokratischen Austausch europäischer Parlamentarier*innen jedoch möglichst transparent und öffentlich für Bürgerinnen und Bürger.

FDP: Wir Freie Demokraten befürworten grundsätzlich eine engere Zusammenarbeit und den Austausch mit Taiwan, einer lebendigen Demokratie und einem wichtigen Partner in der Region. Von Besuchen und einem intensiven Austausch zwischen Taiwan, Deutschland und der EU, insbesondere auf parlamentarischer Ebene, geht ein sehr wichtiges Signal aus. Deshalb sollten wir diese Kontakte intensivieren. Auch der Debatte über die Einrichtung einer Freundschaftsgruppe im EU-Parlament als Raum für einen vertieften parlamentarischen Austausch stehen wir offen gegenüber.

Bündnis 90/Die Grünen: Ja. Wir betrachten Taiwan als demokratischen Wertepartner und setzen uns dafür ein, den wirtschaftlichen, kulturellen, zivilgesellschaftlichen und politischen Austausch zu intensivieren. Dabei unterstützen wir GRÜNE auch den engen Austausch der Abgeordneten.

CDU/CSU: CDU und CSU unterstützen eine erneute Einrichtung einer EU-Taiwan Freundschaftsgruppe im neuen Europäischen Parlament. Die Freundschaftsgruppe zeigt den starken Rückhalt für Taiwan insbesondere bei EVP-Abgeordneten des Europäischen Parlaments und kann dazu beitragen, den Austausch zu vertiefen, um Wissen über Taiwans wirtschaftliche und politische Entwicklung weiter auszubauen.

Die Linke: Gegen einen Austausch zwischen Abgeordneten des Europaparlaments und Abgeordneten anderer Parlamente ist nichts einzuwenden, so lange er offen und transparent erfolgt. Er dient der Völkerverständigung und kann ein Ort für direkten Informationsaustausch sein. Unseres Wissens nach existiert eine Freundschaftsgruppe von EU-Parlamentariern für Taiwan bereits.

Die Freundschaftsgruppen im EU-Parlament sind aber keine Institutionen im Rahmen der parlamentarischen Arbeit mit der sonstigen parlamentarischen Kontrolle. Im Zusammenhang mit den jüngsten Korruptionsskandalen im EU-Parlament, dem sogenannten Qatar-Gate, sind diese inoffiziellen Freundschaftsgruppen stark in die Kritik geraten, da Drittstaaten über sie versucht haben, Einfluss auf das Stimmverhalten von Abgeordneten zu nehmen.

  • Taiwan verfügt über eine hohe Expertise im Bereich Cybersicherheit / Bekämpfung von Fake-News. Sollte es auf diesem Gebiet eine Art Dialogforum geben? Welche Möglichkeiten für einen Austausch sehen Sie hier?

SPD: Die Cybersicherheit sollte in internationalen Foren stärker diskutiert werden. Aufbauend auf den Erkenntnissen der Sonderausschüsse des Europäischen Parlaments zum Thema Desinformation und externer Einflussnahme auf demokratische Prozesse in der EU sollte die Europäische Union insbesondere auch mit Taiwan die Zusammenarbeit vertiefen und gemeinsame Praktiken für die Cybersicherheit und im Kampf gegen Desinformation austauschen.

FDP: Wir Freie Demokraten befürworten den technischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Austausch mit Taiwan. Wir fordern, das große Potential für eine verstärkte Kooperation mit Taiwan im Bereich technologischer Innovation, auch im Bereich Cybersicherheit und Desinformation, zu nutzen, indem der Ausbau der Vernetzung im Bereich Forschung und Wissenschaft sowie von Start-ups vorangetrieben wird.

Bündnis 90/Die Grünen: Im Bereich Cybersicherheit und Bekämpfung von Desinformation können wir in der EU und in Deutschland viel von Partnerländern wie Taiwan lernen. Wir alle stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Deshalb ist es gut, dass es dazu bereits einen intensiven Austausch gibt. Dies gilt es zu stärken. In Deutschland hat das Auswärtige Amt unter Grüner Leitung zum Beispiel eine neue deutsch-taiwanesische Dialogplattform ins Leben gerufen.

CDU/CSU: Die Freundschaftsgruppen des Europäischen Parlaments und entsprechende Gruppen in Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten tauschen sich bereits zu Fragen wie demokratische Praxis und Umgang mit Desinformation aus. CDU und CSU stehen einer Frage der Einrichtung eines informellen Dialogforums unter Beteiligung von Experten offen gegenüber.

Die Linke: Dialog und Austausch in Fragen von Cybersicherheit, aber auch bei Fragen zum Einsatz von KI, Datenschutz usw. sind wichtig und der Austausch dazu mit Expertinnen und Experten sollte von der EU ganz grundsätzlich befördert werden.

  • Kultureller Austausch ist ein Kernelement der Völkerverständigung und dennoch immer von Etat-Kürzungen bedroht. Welche Möglichkeiten der Mittelbereitstellung sehen Sie für den Kultur-Austausch zwischen den EU-Ländern und Taiwan?

SPD: Internationale Kulturbeziehungen sind Wesenskern der Europäischen Union. Es gilt, die Kulturbeziehungen mit anderen Staaten – einschließlich Taiwan – zu vertiefen und die Mittelausstattung für den kulturellen Austausch erheblich zu verbessern.

Generell wollen wir, dass die Europäische Union verstärkt die Chancen internationaler Kulturdiplomatie – als zentrales Element der EU-Außenbeziehungen – im globalen Kontext besser nutzt, um Frieden und friedliche Koexistenz zu fördern.

FDP: Kultur und Bildungspolitik ist für die Freien Demokraten einer der tragenden Pfeiler unserer Diplomatie und auch unser Beziehungen zu Taiwan. In Zeiten, in denen Russland den Krieg nach Europa zurückgebracht hat und Chinas Einflussnahme global weiter wächst, treten unsere Instrumente der Soft Power in den aktuellen Debatten oft in den Hintergrund. Wir wollen die Kulturdiplomatie als wichtiges Feld der EU-Außenpolitik etablieren. Als effektives Gegengewicht zu autoritären und totalitären Staaten braucht es eine geschlossene Kulturdiplomatie der Europäischen Union, die die Freiheit von Kunst und Wissenschaft in den Fokus stellt. Dafür braucht es neben der Schaffung einer Kulturabteilung im Europäischen Auswärtigen Dienst eine verstärkte Zusammenarbeit der Europäischen Union mit der Vereinigung der Nationalen Kulturinstitute der EU (EUNIC).

Bündnis 90/Die Grünen: Wir wollen die auswärtige Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik stärken, die im Angesicht der großen globalen Herausforderungen kulturelle Brücken bauen, positiv in die Zivilgesellschaft wirken, Forschung voranbringen und Frieden fördern kann. Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass in diesem Rahmen auch entsprechende Mittel für kulturellen Austausch zwischen EU-Ländern und Taiwan bereitgestellt werden.

CDU/CSU: CDU und CSU setzen sich für eine starke auswärtige Kulturpolitik Deutschlands und der anderen EU-Mitgliedstaaten ein. Insbesondere das Goethe-Institut in Taipeh sollte weiterhin das Erlernen der deutschen Sprache fördern. Die Zusammenarbeit von Schulen und Hochschulen sowie die zahlreichen kulturellen Projekte sollen weiter gefördert werden. Gleiches gilt auch für die kulturellen Projekte der EU in Taiwan wie z. B. das Europe Festival, das European Filmfestival und die European Education Fair.

Die Linke: Die Linke ist dafür, grundsätzlich den kulturellen Austausch zu stärken. Die EU verfügt über zahlreiche Instrumente der internationalen Kulturförderung, die nicht dem Rotstift zum Opfer fallen sollten. Wichtig ist, dass die Mittelvergabe transparent und unter Beteiligung des Parlamentes erfolgt.

  • Sowohl die Europäische Union als auch Taiwan haben einen hohen Energiebedarf, was insbesondere am hohen Stellenwert der Industrie liegt. Gleichzeitig haben sich die EU und Taiwan zur Klimaneutralität verpflichtet. Sehen Sie hier Möglichkeiten der Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit?

SPD: Die Europäische Union und Taiwan stehen vor der gemeinsamen Herausforderung, ihren hohen Energiebedarf mit dem Ziel der Klimaneutralität zu vereinbaren. Die führende Rolle Taiwans in der Halbleiterproduktion und bei Produkten wie E-Bikes bietet eine einzigartige Gelegenheit zur Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Der hohe Energieverbrauch der Halbleiterindustrie, gepaart mit ihrer Bedeutung für Technologien der grünen Wende, unterstreicht die Notwendigkeit eines Wissenstransfers und einer Zusammenarbeit, um CO2-Emissionen zu reduzieren und nachhaltige Produktionsmethoden zu fördern. Die EU und Taiwan könnten gemeinsam an der Verringerung des Umwelteinflusses der Industrie arbeiten, indem sie Nachhaltigkeit in der Halbleiterproduktion fördern und staatliche Fördermittel an die Fähigkeit binden, nachhaltige Praktiken umzusetzen. Eine solche Partnerschaft würde auch beispielhaft für globale Bemühungen um Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung stehen.

FDP: Wir setzen uns für mehr Handel mit unseren Wertepartnern, und somit auch mit Taiwan, ein. In Zeiten geopolitischer Spannungen wirken Freihandelsoffensiven nicht nur als wirtschaftliche Wachstumsimpulse, sondern helfen dabei, Demokratien zusammenhalten. Deutschland muss verstärkt als Fürsprecher des regelbasierten Freihandels auftreten und sich für den Abschluss weiterer Abkommen einsetzen. Daher fordern die Freien Demokraten die EU-Kommission auf, dem Rat baldmöglichst ein Verhandlungsmandat vorzulegen, um Gespräche zu einem Freihandels- und Investitionsabkommen mit Taiwan aufzunehmen, ohne Fortschritte bei dem zurecht auf Eis liegenden Investitionsabkommen mit China (CAI) abzuwarten. Als erster Schritt soll die Kommission mit unseren taiwanischen Partnern ein Rahmenprogramm zur gezielten Förderung der Handels- und Investitionsbedingungen erarbeiten, welches konkrete Erleichterungen für den Austausch von Waren und Dienstleistungen, den Abbau von bürokratischen Hemmnissen, die Digitalisierung von Zollformalitäten und die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen, Lizenzen und Standards beinhalten soll. Ein besonderes Augenmerk sollte auf KMU liegen, um diese vollumfänglich in den Austausch mit Taiwan integrieren zu können.

Bündnis 90/Die Grünen: Die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Taiwan begrüßen wir GRÜNE sehr und wollen die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen weiter verbessern. In den letzten Jahren hat sich insbesondere die Zusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren Energien intensiviert. Das wollen wir weiter ausbauen, insbesondere in Fragen der Energieeffizienz, des Energiesparens und der Erneuerbaren Energien.

CDU/CSU: Taiwan hat eine führende Rolle in der globalen Elektronik- und Halbleiterindustrie. Da es in diesen Bereichen seit Jahrzehnten vollständige Wertschöpfungsketten gibt, konnte sich rasch eine wettbewerbsfähige Industrie für Solaranlagen etablieren. Taiwan setzt verstärkt auf erneuerbare Energien, insbesondere die Solarenergie. Durch neu geschaffene Rahmenbedingungen der taiwanischen Regierung wird die Nachfrage im Bereich Aufdachanlagen und Eigenversorgung in den nächsten Jahren steigen. Neben Herstellern und Produzenten besteht ein erhöhter Bedarf in Taiwan auch in den Bereichen Planung und Konstruktion von Solaranlagen sowie der Beratung, die deutsche Unternehmer nutzen sollten.

Die Linke: Eine vertiefte globale Zusammenarbeit zum Klimaschutz und zum Gelingen einer sozial-ökologischen Transformation ist dringend notwendig. Gerade für die Entwicklung von nachhaltigen Lösungen für Verkehr, nachhaltiges Bauen usw. ist eine Zusammenarbeit der EU mit anderen Ländern und Regionen sehr sinnvoll und ein Technologie- und Innovationstransfer unbedingt notwendig.