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06.01.2022: Statement zur Eröffnung einer Vertretung Taiwans in Litauen

In Litauen darf Taiwan eine Vertretung unter seinem Namen eröffnen. Das ruft Chinas Widerstand hervor.

Es ist wohlfeil Litauen törichtes Handeln gegenüber der Volksrepublik China vorzuwerfen und bequem eine notwendige Chinastrategie und konsequentes Handeln der EU immer wieder auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Nicht Litauen ist das Problem, sondern China, das schon seit Jahren versucht, die EU zu unterwandern und zu spalten.

Es ist zudem inakzeptabel, dass China transnationalen Unternehmen droht, Investitionen in Litauen zu überdenken und in Litauen hergestellte Fertigprodukte für Kunden in China zu blockieren. Auch deutsche Unternehmen sind betroffen. Die Sanktionen und Drohungen Chinas stellen ohnehin eine Verletzung der Regeln der Welthandelsorganisation WTO dar.

Ob durch Investitionen in wichtige Infrastrukturprojekte in der Finanzkrise wie in Griechenland oder die Verschuldung der Balkanstaaten durch kreditfinanzierte Großprojekte gegenüber China, das Projekt „Neue Seidenstraße“ oder den Aufbau strategischer Partnerschaften, z.B. mit Ungarn – China hat sich Schritt für Schritt bewusst Einfluss an der Peripherie der EU aufgebaut – nach dem Prinzip Zuckerbrot (Investitionen) und Peitsche (Sanktionen, wie im Falle Litauens).

China testet aus, wie weit Druck auf transnationale Unternehmen und Staaten ausgeübt werden kann. Fluggesellschaften sollen Taiwan als Begrifflichkeit aus ihren Buchungssystemen streichen; Autokonzerne müssen sich entschuldigen, weil sie in der Werbung einen Sinnspruch des Dalai Lama verwenden; Modeketten werden boykottiert, weil sie aufgrund der Menschenrechtslage und des Verdachts auf Zwangsarbeit auf Baumwollfeldern in Xinjiang keine Baumwolle mehr aus der Region beziehen. China sucht die Konfrontation und erstickt jegliche völkerrechtliche zugesicherte Autonomie Hongkongs und schickt regelmäßig provozierend Kampfflugzeuge in die taiwanische Identifikationszone für die Luftverteidigung.

Die Darstellung ist zudem sehr verkürzt. Auch ein Blick in das Geschichtsbuch hilft, die aktuelle litauische Außenpolitik einzuordnen. Ein ausgeprägtes nationales Unrechtsbewusstsein, gekoppelt mit einem traditionell verwurzeltem Streben nach nationaler Unabhängigkeit bereiteten durch Glasnost und Perestoika das Fundament für ein Aufbegehren gegen die Unterdrückung durch die Sowjetunion. Dieser Baltische Weg fand seinen sichtbarsten Ausdruck in der längsten Menschenkette der Welt, von Vilnius über Riga bis nach Tallinn – und fachte damit 1989 weitere Entwicklungen an, die – neben vielen anderen Faktoren – die Wiedervereinigung in Deutschland überhaupt erst möglich machten. Daraus entstand in der Folge ein hohes Bedürfnis nach sicherheitspoltischer Einbindung, aber das allein ist zu eindimensional gedacht.

Das Europäische Parlament hat Anfang 2021 zwei Resolutionen verabschiedet, in denen die Unterstützung für Taiwans Demokratie zum Ausdruck gebracht wird. Zugleich werden die EU-Mitgliedsstaaten darin dazu aufgerufen, ihre Maßnahmen zum Umgang mit Taiwan zu überdenken. Es gilt die Situation in der Taiwanstraße aufmerksam zu beobachten und die provokanten Manöver gegenüber Taiwan nicht länger zu dulden. Die EU-Mitgliedsstaaten werden zur Zusammenarbeit mit gleichgesinnten internationalen Partnern ermutigt, um Taiwans Demokratie vor äußeren Bedrohungen zu schützen.

Die EU braucht eine robuste Politik gegenüber China. Es geht nicht um Konfrontation, aber das Aufzeigen von Grenzen. Die EU muss agieren und darf sich nicht auf das Reagieren beschränken. Dazu zählt auch eine zeitgemäße Taiwanpolitik. Es ist zu einfach Litauen etwas vorzuwerfen, womit die EU sich schon lange hätte beschäftigen müssen. Auch das inoffizielle Einreiseverbot demokratischer taiwanischer Spitzenpolitiker in die EU, der sog. „Big 5“ ist ein Anachronismus aus einer Zeit vor der EU-Erweiterung, an die sich heute alle EU-Staaten aus Sicht Chinas gebunden fühlen sollen. Diese Praxis gehört dringend überdacht.

Die neue Bundesregierung betont im Koalitionsvertrag zu Recht Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität mit China. Wir brauchen im zunehmenden Wettbewerb mit China faire Spielregeln. Um unsere Werte und Interessen verwirklichen zu können, brauchen wir eine umfassende China-Strategie in Deutschland im Rahmen der gemeinsamen EU-China Politik.

Es ist das richtige Zeichen, dass Taiwan erstmalig auch im Koalitionsvertrag Erwähnung findet. Wir brauchen eine stärkere Einbeziehung Taiwans in die demokratische Staatengemeinschaft. Taiwan ist eine stabile und freiheitliche Demokratie in Ostasien und ein zuverlässiger Werte- und Wirtschaftspartner. Die EU-Staaten dürfen es nicht zulassen, dass Wirtschaftsinteressen und grundlegende demokratische Prinzipien gegeneinander ausgespielt werden. Die EU-Staaten sind aufgefordert, Position zu beziehen.